ERFAHRUNGSVERANKERTE REZEPTION – REFERENZPUNKTE

Referenzpunkte in der erfahrungsverankterten Rezeption

[Oliver M. Reuter]

Die Grundidee der erfahrungsverankerten Rezeption besteht darin, vor die Rezeption eines Werkes eine produktive Phase zu setzen. Die vorgelagerte ästhetische Praxis ist durch einen Referenzpunkt mit mit der anschließenden Rezeption verbunden. Dieser Referenzpunkt definiert die gemeinsame Schnittmenge zwischen den beiden Phasen.

Mögliche Referenzpunkte sind

  • ein Motiv/ ein Thema/ eine Gattung
  • ein bildnerisches Verfahren/ ein Gestaltungsmittel/ eine technische Praxis/ eine künstlerische Strategie oder
  • ein Material.

Es ist nicht immer trennscharf eine Linie zwischen den oben genannten Referenzpunkten zu ziehen. Für die Entwicklung eines Vermittlungssettings aber funktioniert die Differenzierung der Referenzpunkte.

Einige exemplarische Referenzpunkte mit entsprechender ästhetischen Praxis und Rezeption.

Die Schnittstelle zwischen Produktion und Rezeption ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, aus der eigenen Erfahrung heraus in die Rezeption zu gehen. Im Wahrnehmen, Erleben, Erfahren sowie im Reflektieren während einer eigenen ästhetischen Praxis liegt die Basis eines individuellen Zugangs zu einem Kunstwerk. Die ästhetische Praxis verankert Gedankenzüge, die sich während der eigenen bildnerischen Auseinandersetzung mit dem Referenzpunkt entwickeln derart, dass sie im Laufe der Rezeption fruchtbar werden. Durch die Schnittmenge zwischen eigener bildnerischer Problemlösung und der Umsetzung im Kunstwerk entsteht eine Offenheit dem Werk gegenüber, die zunehmend wichtiger wird, um einen Zugang zur Kunst zu schaffen.

In der Sequenz gibt der Referenzpunkt der ästhetischen Praxis eine Richtung und bietet den ersten Anknüpfpunkt bei der Überleitung zur Rezeption. Geprägt von den zuvor gemachten Erfahrungen entwickeln die Schülerinnen und Schüler Fragestellungen an das Werk. Das Akzentuieren einer Schnittstelle führt einerseits zu einer Nähe zwischen der selbst durchlaufenen und bewerstelligten ästhetischen Praxis. Andererseits liegt in den unterschiedlichen bildnerischen Problemlösungen durch die Schülerinnen und Schüler sowie der Künstlerinnen und Künstler ein Distanzerleben. In der entstehenden Spannung liegt Potential, Neugierde aufzubauen und gespannt den Differenzen nachgehen zu wollen.

Neben einer geistigen Beschäftigung im Verborgenen, die unterschwellig für den Themenbereich sensibilisieren kann, stellt das Vorschalten der ästhetischen Praxis eine Zeigegeste durch die Kunstpädagogin/ den Kunstpädagogen dar. Die Lehrkraft legt mit der eigenen Handlung der Schülerinnen und Schüler eine Aufmerksamkeit auf den Referenzpunkt, der in der folgenden Rezeption als Anknüpfpunkt dient.

Früh in der Sequenzplanung muss der Referenzpunkt festgelegt werden. Für die Entscheidung muss abgewogen werden zwischen der Präsenz und der Funktion der angestrebten Schnittestelle im Werk, des sich eröffenenden Feldes ästhetischer Praxis und den schulischen Rahmenbedingungen.